Aus der Geschichte der CAJ und des Lebendigen Evangeliums

Der folgende Text stammt aus dem Heft „Die Arbeitsgemeinschaft der CAJ Paderborn 1956. Er ist in der Sprache von damals geschrieben, vermittelt aber eine guten Eindruck in das, was mit „Lebendigen Evangelium“ beabsichtigt war.

B. Die einzelnen Teile der Arbeitsgemeinschaft


I. Das Gebet der CAJ

1. In der großen Schar der Beter

Die Arbeitsgemeinschaft beginnt stets mit dem Gebet der CAJ, das gemeinsam gebetet wird. Durch das Gebet zu Beginn wird deutlich gemacht, daß es sich hier nicht um eine Zusammenkunft irgendeiner Art handelt, sondern daß hier Laienapostel zusammengekommen sind, die überlegen wollen, wie sie ihre jungen Kräfte einsetzen können für das große Ziel:
es lebe Christus in der deutschen Arbeiterjugend, in der Arbeiterjugend der Welt.

Durch das Gebet, das täglich von allen CAJ1ern in über 70 Ländern der Welt verrichtet wird, stellen sich die Jungen Laienapostel in die Reihe der katholischen Jungarbeiter aller Erdteile, die die Not der Arbeiterjugend von Christus her wenden wollen. Das Bewußtsein, in dieser großen Schar zu stehen, weckt die Bereitschaft, die nötig ist, um das erhabene Werk der deutschen CAJ in der internationalen CAJ mit starker Kraft zum Erfolg zu führen.

2.. Das besondere Anliegen

Mit dem Gebet werden jeweils Bitten verbunden, die zur Zeit den Vorkämpfern besonders am Herzen liegen. Im „Vorkämpfer" ist zumeist ein Anliegen genannt, um das die ganze deutsche CAJ oder die Welt-CAJ gemeinsam betet. Einer der Vorkämpfer trägt das Anliegen vor. Im Anschluß an diese festgelegte Gebetsmeinung nennen die einzelnen Vorkämpfer die Bitten, die ihnen besonders am Herzen liegen. Es werden Bitten sein, die sich auf besondere Nöte und Schwierigkeiten einzelner beziehen, Bitten, zu denen die augenblickliche Situation, das Tagesgeschehen ihnen Anlaß gibt.

3. Das Gebet zuerst

Das Gebet ist das erste bei der Zusammenkunft der Vorkämpfer. So soll ihnen immer wieder deutlich gemacht werden: Überlegen und Planen ist gut, wichtiger aber ist das Gebet. Wir können nicht viel tun, darum müssen wir beten, daß Gott alles tut. Der Vorkämpfer mit gefalteten Händen wird alles erreichen. Der Vorkämpfer aber, dessen Hände unruhig bald dieses bald jenes anpacken, ohne sich im Gebet zu falten, wird sich oft ohne Erfolg abmühen.

II. Das Lebendige Evangelium

1. Christus tritt in die Mitte der Vorkämpfer

Nach der Einleitung durch das Gebet der CAJ beginnt die Arbeitsgemeinschaft mit dem Lebendigen Evangelium. Wenn das heilige Evangelium verlesen wird, ist Christus gegenwärtig. So tritt er durch das Wort der Heiligen Schrift in die Mitte seiner Vorkämpfer. Er kommt, damit von ihm der Geist der Liebe überströmt, der die Arbeitsgemeinschaft in allen ihren Teilen erfüllen muß. Er erscheint, damit von ihm der verzehrende Eifer für das Reich Gottes in das Herz der jungen Laienapostel hineinfließt. Als Heiland, als Notwender tritt er vor sie hin, um sie zu lehren, wie sie die Not der Arbeiterjugend wenden sollen. Er kommt als der, der die richtigen Voraussetzungen für die beste Sozialreform gebracht hat.

So zeigt er den Vorkämpfern den Weg, auf dem sie allein die jungen Arbeiter aus der Wirrnis der sozialen Unordnung herausführen können. Wenn Christus im Evangelium unter den Vorkämpfern erscheint, dann steht er vor ihnen als der Gottmensch. Die Vorkämpfer erkennen, wie in Christus die menschliche Natur wunderbar von der göttlichen Natur verklärt und erhoben wird.

Sie werden sich bewußt, daß mit ihnen dasselbe auch immer mehr geschehen muß: Das menschliche Leben des jungen Arbeiters muß mit dem göttlichen Leben durch Christus immer fester verbunden, von ihm immer mehr verklärt werden. Ja, die gesamte Lebenswelt der Arbeiterjugend muß vergöttlicht werden. Durch die Vorkämpfer soll Christus in die ganz irdisch und heidnisch gewordene Arbeiterwelt hineinschreiten. Er soll diese Welt mit sich vereinigen und so auch die Welt des Arbeiters wieder mit seinem göttlichen Leben erfüllen.

2. Kein totes Evangelium

Wir nennen die Schriftlesung zu Beginn der Arbeitsgemeinschaft Lebendiges Evangelium, damit jeder sich darüber klar wird, daß es darauf ankommt, das Gehörte im Leben Wirklichkeit werden zu lassen. Wer die heiligen Worte nur mit den Ohren aufnimmt, für den sind sie ein totes Evangelium. Wer aber nach den Gottesworten handelt und sich selbst und die Welt nach ihnen umgestaltet, für den sind sie ein lebendigmachendes Evangelium.

3. Schwierigkeit der Schriftlesung

Zunächst muß man sich darüber klar sein, daß es gelernt sein will, eine gute Schriftlesung zu halten. Die Vorkämpfer werden sich immer wieder große Mühe geben müssen. Sie müssen damit redeten, daß es anfangs mit dem Lebendigen Evangelium nicht gut vorangeht. Die meisten sind nicht gewohnt, über religiöse Fragen zu sprechen und über Worte der ,Heiligen Schrift sich selbst Gedanken zu machen. Sie wissen die heiligen Worte noch nicht genug auf sich selbst zu beziehen. Darum sollen sie diese so aufnehmen, wie sie einen persönlichen Brief lesen, in dem ihnen wichtige Weisungen für ihr Leben gegeben sind. Mit dem forschenden Eifer eines liebenden Sohnes müssen sie sich mühen, um den Inhalt des heiligen Briefes zu ergründen, den der himmlische Vater an sie als junge Arbeiter persönlich geschrieben hat. Dieses Mühen und oft schwierige Forschen wird sicher belohnt werden.

4. Eine gute Methode

Folgende Methode hat sich als sehr brauchbar für die Auswertung des heiligen Textes erwiesen. Alle Vorkämpfer bereiten das Lebendige Evangelium zu Hause vor. Sie lesen den Text besinnlich durch und schauen sich die Erläuterungen dazu im „Vorkämpfer" an. Einer der Vorkämpfer hat die Aufgabe, das Lebendige Evangelium besonders vorzubereiten. Diese Aufgabe wird abwechselnd den einzelnen übertragen. Er fragt sich auf Grund der Anregungen im „Vorkämpfer", was ist in diesen Versen gesagt, welche Wahrheiten sind uns verkündet, welches Beispiel hat uns Jesus gegeben, welche Weisung empfangen wir aus der Heiligen Schrift für unser Leben als junge Arbeiter, als Vorkämpfer der CAM Welche Aufgaben werden uns durch die heiligen Worte besonders für unser persönliches Leben und für den Dienst am Nächsten gestellt?

Der Vorkämpfer soll als junger Arbeiter die Schrift lesen. Er soll sie über seine Arbeiterjugendprobleme befragen. Er soll sich seine eigenen Gedanken über den heiligen Text machen. Er überlegt sich einige Fragen, die er der Arbeitsgemeinschaft vorlegen wird, um durch dieselben ein Gespräch anzuregen. Diese Fragen notiert er sich. Im Gespräch sollen die jungen Arbeiter sich dann gegenseitig den Sinn der Schrift erschließen.

Hat sich der Vorkämpfer vorbereitet, dann begibt er sich zum CAJ­Kaplan, um ihm auseinanderzulegen, wie er es mit dem Lebendigen Evangelium in der nächsten Arbeitsgemeinschaft halten wird. Ist kein Priester für die CAJ beauftragt, wird jeder andere Priester gern bereit sein, dem Vorkämpfer zu helfen. Der Kaplan bespricht alles mit dem Vorkämpfer. Er hütet sich aber davor, seine Gedanken, seine Ausdrücke dem jungen Arbeiter aufzunötigen. Er stellt Irrtümer zurecht, hilft mit, unbeholfene, unklare Ausdrücke für alle verständlich zu machen. Er weist auf wesentliche, unbeachtete Wahrheiten hin und hilft, ungeordnete Gedanken zu ordnen.

Der Vorkämpfer bereitet sich nach dieser Hilfe noch einmal vor und hält dann in der Arbeitsgemeinschaft das Lebendige Evangelium. Stehend, aus Ehrfurcht vor dem erscheinenden Christus, hören in der Arbeitsgemeinschaft alle die Lesung des heiligen Textes an, dann setzen sie sich, und der Vorkämpfer stellt die Fragen, die das Gespräch in Fluß bringen sollen. Die anderen antworten und teilen einander ihre Gedanken mit, die sie sich als junge Arbeiter über das Evangelium gemacht haben. Sie weisen sich gegenseitig auf die praktischen Folgerungen hin, die sich aus dem Text für sie ergeben.

Der Vorkämpfer, der das Lebendige Evangelium leitet, sorgt, daß das Gespräch sich nicht verläuft, daß alle beim Wesentlichen bleiben, daß entscheidende Gedanken allen bewußt werden. Der Priester greift nur ein, wenn es unbedingt nötig ist. Er erlebt voll Freude, wie junge Arbeiter über Christus und seine heiligen Worte sprechen. Er bemerkt, wie der Heilige Geist die jungen Herzen erleuchtet und ihnen Wahrheiten aufgehen läßt, die für ihr Arbeiterleben so umwälzend wichtig sind. Er sieht, wie junge Laienapostel es immer besser lernen, auch vor anderen über die Offenbarungswahrheiten der Heiligen Schrift zu sprechen. Junge Arbeiter werden zu Schriftauslegern der jungen Arbeiter. Wenn die jungen Arbeiter es gelernt haben, sich gegenseitig den Sinn der Schrift aufzuschließen, werden sie auch später im Leben anderen gegenüber dazu befähigtund mit Freuden dazu bereit sein. Besonders gern werden sie an diese schöne Aufgabe herangehen, wenn sie als junge Familienväter die ersten Religionslehrer ihrer Kinder sein müssen.

Wenn das Evangelium von den Vorkämpfern in der Arbeitsgemeinschaft als lebensspendend, lebendigmachend empfunden wird, werden sie bald öfter zum heiligen Buch greifen, zu jenem Buch, dessen Kenntnis allein genügt, um alle Weisheit der Welt zu widerlegen, um immer die beste Lösung und die befriedigendste Antwort auf alle Fragen zu finden.